Neuerstellung der alten Sühnekapelle zu Ehren der Hl. Anna in Freiburg-Ebnet
Ein Mord an einem St. Märgener Abt als historischer Hintergrund?
Hermann Althaus
Die neue Annakapelle vor dem alten Annakreuz an der ehemaligen B31 in Freiburg-Ebnet.
Unlängst errichteten die Bürger von Freiburg-Ebnet auf dem Platz der Weggabelung zwischen der alten Villingerstraße St. Peter-St. Märgen beziehungsweise der Strecke in Richtung Himmelreich und Höllental (B31 alt) die seit 1811 zerstörte Annakapelle neu. Sie ist nach Osten weit geöffnet, empfängt mit offenen Armen den nach Freiburg Kommenden, weist auf das alte unter den fünf mächtigen Linden stehende Steinkreuz hin. Im Innenbereich hat der bekannte Holzbildner Thomas Rees aus einem dicken Lindenstamm eine gelungene »AnnaSelbDritt « gearbeitet, die von einer großen Christusfigur umschlungen wird. Das Kapellendach wird pyramidenförmig von drei himmelwärts strebenden starken Holzbalken getragen.
Einweihung der neuen Annakapelle in Ebnet / Freiburg mit starker Anteilnahme
der Bevölkerung.
Ein Ort mit Geschichte und Geschichten
Der Platz für die kleine Kapelle ist mit Bedacht gewählt. An dieser Stelle soll 1356 ein Abt des Augustinerklosters St. Märgen von gedungenen Mördern des Johann Schnewlin aus politischen Motiven erschlagen worden sein. Stand der reiche Bürgermeister Freiburgs mit deren rivalisierenden Benediktinern von St. Peter in Verbindung? Die Geschichtsbücher geben keine eindeutigen Antworten. Aber etwa 200 Jahre später (a. 1568) ist es Anna von Schnewlin-Landeck, in Ebnet verheiratet mit Friedrich von Sickingen, die zur Sühne, aus Reue, spätem Schuldbewusstsein oder nur zur Ehre ihrer Namenspatronin Anna eine Kapelle hier errichten ließ.
Die vielen Plünderungen, unter denen gerade auch das Dreisamtal im 30-jährigenund in den Franzosenkriegen zu leiden hatte, führten dazu, dass die Annakapelle 1811 abgerissen wurde. An ihre Stelle setzten fromme Bauersleute 1825 ein steinernes Erinnerungskreuz, das von mehreren Linden schützend umgeben wurde und bis heute steht. Dass sich Legenden und Spukgeschichten um diesen Platz entwickelten, blieb nicht aus.
Ein Neubeginn
Es zeichnet den umtriebigen Pfarrer Dr. Enz aus Ebnet aus, dass er zusammen mit dem Förderverein und Freiherrn v. Gayling-Westphal Sponsoren für Architekten und Materialkosten fand, und ebenfalls tatkräftige Helfer und künftige Pfleger, die das Projekt eines modernen Neubaus in Angriff nahmen, vollendeten und Bereitschaft für die Folgekosten übernahmen. Die Kapelle soll Kommenden und Gehenden ein Ort kurzer Einkehr sein, aber auch für Taufen und Hochzeiten dienlich sein. Mit dem über die Region hinaus bekannten Holzbildhauer (und Informatiker) Thomas Rees aus Kappel gab es eine erfrischend fruchtbare Zusammenarbeit bei der modernen Innengestaltung der Annakapelle. Aus einer im Zastlertal umgestürzten mächtigen Linde schuf dieser das verständliche Motiv einer »AnnaSelbDritt«, die von einer großen Christusfigur beschützt wird.
Verbindung von Symbolik und Religion
Thomas Rees ist im weiten Freiburger Umland bekannt für seine mythischen und biblischen Holzarbeiten, Gestalten und Figuren, die er in umgestürzten Baumstümpfen, Ästen, Zweigen und Wurzeln sieht und dann kunstvoll herausarbeitet. So entstand die Gerichtseiche in Ballrechten-Dottingen, der geheimnisvolle Waldpfad in Günterstal, die Weihnachtslegende am Pfeifferberg bei Kirchzarten und vieles andere mehr. Seine Aufgabe in der Annakapelle dürfte nicht die leichteste gewesen sein, denn er wollte auf dem historischen Hintergrund »Mord, Sühne und Zerstörung« gleichzeitig »Glaube, Hoffnung und – Mut zum Neuen« zum Ausdruck bringen. Das religiöse Verständnis für die Symbolik erschließt sich an vielen Stellen sehr schnell, aber gerade beim Betrachten der überragenden Christusfigur braucht man einige Zeit, um auf dem historischen Hintergrund des lateinischen »sol invictus« oder des ägyptischen »Sonnengottes« den Strahlenkranz (Gloriole) oder das Feuerzeichen des göttlichen Geistes zu erkennen. Dabei hat der (zunächst) furchterregende Gott ein leises Lächeln in seinem Gesicht, die Fröhlichkeit des Auferstandenen ohne die Dornenkrone. Er deckt mit seiner schützenden Hand und dem fließenden Umhang die beiden Frauen und das Kind. Der senkrechte Kreuzbalken trägt gleichzeitig auch die Dachkonstruktion der drei pyramidenförmigen Balken, die in der Spitze zusammen laufen – ein Symbol der Dreieinigkeit.
Thomas Rees plant die Herausgabe einer informativen und erschließenden Kurzbeschreibung seiner Arbeit. Dafür sei ihm im Namen aller Besucher und Betrachter auch von hier aus gedankt.
Anschrift des Autors:
Hermann Althaus
Scheffelstraße 9b,79199 Kirchzarten
Neuerstellung der alten Sühnekapelle zu Ehren der Hl. Anna in FR-Ebnet
Hermann Althaus Badische Heimat 2/2011