Aus dem Holz einer Eiche, deren Wachstum vor 230 Jahren begann. In einer Zeit, als Marie-Antoinette an der Seite Ludwigs des XVI. in Frankreich weilte, Katharina die Große das Zarenreich regierte und Napoleon noch ein Kind war.
Kaiser, Könige, Diktatoren, Kriege kamen und gingen, Menschen landeten auf dem Mond, Erfindungen veränderten das Leben. Globalisierung, Klimaveränderung, Beschleunigung wurden Themen des 21. Jahrhunderts.
Unbeeindruckt davon hatte sich der Baum oberhalb von Freiburg-Zähringen zu einem mächtigen Naturdenkmal entwickelt. Im Herbst 2006 stürzte er – nicht durch ein Unwetter oder von Menschenhand, sondern aus Altersschwäche unter der eigenen Last. Nach vielen Menschengenerationen war der untere Teil hohl und die Wurzeln brüchig geworden.
Für Sägewerke zu groß und zu unförmig, das Zerlegen zu Brennholz zu mühsam, wirtschaftlich wertlos – so blieb er eineinhalb Jahre am Waldrand liegen.
Ende April 2008: Der Rest des Baumes, 4,50 m lang, im Wurzelbereich über 2 m Durchmesser, sollte abtransportiert werden. Der große Bagger mit seinem Greifer, für den schwere Bäume normalerweise kein Problem darstellen, scheiterte kläglich. Der Baum wurde gekürzt (2 Tonnen weniger). Beim erneuten Versuch den Baum anzuheben zerbrach er in drei Teile – und damit auch meine bisherigen Pläne.
Drei Fragmente – und der Beginn einer neuen Geschichte
Die Bruchstücke, mit den Resten der Wurzel nach oben, wurden mit Abstand zueinander auf einer Eisenplatte verankert. Bei einem Stammumfang von ehemals über 5 Meter und einer Resthöhe von 3,20 Meter wiegen die Hölzer weit über 2 Tonnen. Sie umschließen in 2 Metern Höhe, über Eisenketten verbunden, eine 100 kg schwere Kugel aus Eichenholz.
Eine Skulptur aus einem alten Baum – zum Begehen, Sehen, Fühlen, Erleben. Ein Baum als ein Lebewesen mit vielen Gesichtern: Geister, Riesen, Gnome, Zwerge, Hexen, Zauberer… – grimmig, lachend, ernst, geheimnisvoll – über 2 Jahrhunderte im Holz gewachsen und teilweise sichtbar gemacht.
Im Inneren des Baumes ein Spiegel. Ein Blick hinein und man gehört dazu – ein Gesicht mehr in der Welt des Baumes – wenn auch nur für einen kurzen Moment.
In der Mitte schwebend das Symbol für unsere Erde, geschützt, behütet und getragen von den Fragmenten eines alten Baumes. Eine besondere Beziehung – die Welt abhängig von ihrem Umfeld. Vergehen die letzten Teile des zerbrochenen Baumes, verliert auch die hölzerne Kugelwelt ihren Halt.
Thomas Rees, 7.4.2008
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