Thomas Rees aus Freiburg-Kappel – Waldmensch mit Tiefgang
Thomas Rees macht aus alten Bäumen Skulpturen – je knorriger und verwachsener das Holz desto besser. Dabei kommen skurrile, nachdenkliche, manchmal schaurige oder einfach nur humorvolle Werke heraus, die nicht immer Jedem gefallen.
die Baumwelt
Was muss dieser Baum schon alles gesehen haben? Irgendwann im 18. Jahrhundert ist die junge Eiche aus dem Boden gesprießt. Rund 250 Jahre sah sie die Menschen kommen und gehen. Liebespaare ritzten ihre Initialen in die Rinde, mit Nägeln schlug man Hinweisschilder in ihren Stamm. Unwetter fegten über ihre Krone hinweg, in ihren schwärzesten Augenblicken hat sie sogar Kriege und Zerstörung miterlebt. Die Eiche hat das alles überlebt. Erst Anfang des 21. Jahrhunderts wurden ihre Wurzeln schwach, Krankheiten und Parasiten kamen hinzu. Im August 2008 war das Gewicht ihrer mächtigen Baumkrone dann zu schwer, um von ihr gehalten zu werden. Sie fiel einfach um. Jetzt steht der rund 230 Jahre alte Baum wieder dort, wo er hingehört. Im Wald. Nicht im Freiburger Stadtteil Zähringen, wo der Zahn der Zeit an ihm nagte und ihn schlussendlich zu Fall brachte, sondern dort, wo Thomas Rees ihn hingestellt hat, nachdem er dem Baum ein neues Leben schenkte. Das Interesse der Menschen, die jetzt an der alten Eiche vorbei gehen, reicht von Staunen über Bewunderung bis hin zu Ehrfurcht vor ihrem Alter. Sie steht am Eingang des Skulpturenpfades, den Thomas Rees „WaldMenschen“ getauft hat und der direkt neben dem Waldhaus in Freiburg liegt.
Die Eiche blickt den Besuchern nun aus einem menschlichen Antlitz entgegen, das den Namen Waldmensch verdient. „Mir war es wichtig, die Beziehung der Menschen zu ihrer Umwelt und besonders dem Wald zu zeigen. Dazu gehören natürlich auch Mythen und Ängste.“, erklärt der Künstler aus Freiburg-Kappel. Zu erklären gibt es viel an seinen Skulpturen. Sie stehen nicht nur am Waldhaus in Freiburg-Wiehre, sondern auch auf dem Schauinsland, im Mundenhofgehege,am Castellberg in Ballrechten-Dottingen und an vielen anderen Orten in den Wäldern um Freiburg herum. Auf den ersten Blick erschließt sich nicht Allen, welche Botschaft Rees den Betrachtern mit auf den Weg geben will. Spricht man mit ihm persönlich über seine Intention, versteht man ihn und erkennt, wie tiefgründig dieser Mensch denkt. So tiefgründig, dass manch einer nicht mitkommt und sich provoziert fühlt. Auch das ist schon passiert, nicht nur einmal. Der Grund mag darin liegen, dass Thomas Rees das Gute und das Böse buchstäblich aus einem Holz schnitzt. Mit Vorliebe bringt er so scheinbare Gegensätze zusammen. „Ich neige nicht dazu, die Dinge in meinen Werken einseitig zu verklären. Viel lieber stelle ich Freude und Ängste gegenüber und würze das ganze mit etwas Humor.“ Und genau das macht seine Skulpturen einerseits so besonders, andererseits aber hier und da zu einem Reizthema. Die hölzerne unbekleidete Regenfrau, die einst zum beliebten Skulpturenpfad auf dem Schauinsland gehörte, kann ein Lied davon singen. Sie erregte aufgrund ihrer „offenherzigen Art“ vereinzelte Gemüter und wurde trotz ihrer Beliebtheit auf eine sprichwörtliche Odyssee geschickt.
Auch „Des Lehrers Traum“, eine Skulptur zu Ehren einer Schule in Ballrechten-Dottingen, entfachte eine hitzige Diskussion. „Darin habe ich das traditionelle Bildungswesen aus meiner Sicht wiedergegeben. Dazu gehören eben auch autoritäre Lehrer, überfrachtete Lehrpläne und der Teufel, der sich den einen oder anderen jungen Menschen angelt“, so Rees mit einem Lächeln auf den Lippen.
Doch anspruchsvolles Kunsthandwerk hin oder her: Kritiker werfen Rees häufig vor, durch die unverhohlenen Darstellungen in seinen Skulpturen Kinder zu gefährden. Doch schaut man beispielsweise einem Vierjährigen zu, wie er auf den zähnefletschenden, fünf Meter hohen und blutrünstig drein schauenden Holz-Drachen am Waldhaus reagiert und ihn förmlich untersucht, mag man das nur schwer glauben. Was die Erwachsenen polarisiert, finden Kinder häufig umso spannender. Dass der Drache eine treusorgende Mutter ist, die ein großes Holz-Ei in ihrem Nest bewacht, ist den Erwachsenen entgangen. Der Vierjährige hat es gesehen und hilft der Drachenmutter beim Bewachen.
Robin Grey, 4.7.2009,
Meine Energie Juli/2009, Kundenzeitschrift der badenova
Ein Gedanke zu „WaldMensch“
This is cool!