Es war Weihnachten 1999, als „Lothar“ mit mehr als 200 Stundenkilometern über das Land jagte. Ein Unwetter mit fatalen Folgen. Dort wo einst dunkler Wald stand, lagen die Bäume in wildem Durcheinander.
Knapp 2 Jahre später war der Wald wieder aufgeräumt. Nur Reste, die keiner wollte, krumm, verwachsen, gebrochen und geschunden blieben zurück. Die einzigen die daran Freude hatten waren Pilze, Käfer und sonstiges Getier.
Als Petra Tritschler, die Tochter von Rita und Otto Faller vom Pfeiferberg, anrief und fragte ob ich oben auf dem Berg vielleicht eine Krippe bauen könnte, vielleicht mit Schaufensterpuppen mit Holzköpfen und lebenden Tieren oder sonst irgendwie?? Na ja, so kurz vor Weihnachten, so ganz ohne Plan dachte ich….
Ein Tag später standen wir zusammen auf der Wiese am Pfeiferberg. Es war kalt, windig und fast dunkel, abseits vom geschäftigen Leben und mit toller Aussicht ins Dreisamtal. An einem besonderen Ort, wie vielleicht vor 2000 Jahren in einem anderen Land.
In meinen Gedanken entstand ein Szenario. Eine Hütte als Zuflucht zwischen den Eichen am Waldrand. Darüber ein weit sichtbarer leuchtender Stern, auf der Wiese ein Feuer um das sich archaisch wirkende vom harten Leben gezeichneten Gestalten versammeln und Ochse und Esel an der Krippe.
Die nächsten Tage waren wir zu dritt im Wald unterwegs, der alte Deutz-Schlepper, Otto und ich.
Die Maria war ein bocksbeiniges, unförmiges Stück Holz, sogar als Brennholz zu schlecht. Otto hatte Sie vor zwei Jahren schon über die Böschung entsorgt. Nach anfänglichem Unverständnis zog er Sie wieder mühsam herauf. Sie wurde die erste Figur, hatte von Natur aus Bauch und Brüste (für manch einen gleich zu groß), erhielt ein Gesicht und war mit anderen Augen betrachtet sogar anmutig und schön.
Die Auferstehung der Erben Lothars geschah in wenigen Tagen. Es entstand die heilige Familie, Hirten, Kamel, Reiter und Stern. Aus dem einzigen Stück frischem Holz (Linde) entstand das Jesuskind, das in einen entwurzelten Baumstumpf gebettet wurde.
Weihnachten 2002 wurde für mich eine neue Erfahrung, Weihnachten zu erleben.
Da die Figuren auf der Wiese nicht dauerhaft bleiben konnten, brachten wir sie an ihren Ursprungsort zurück: auf eine Bergkuppe die vom Sturm entwaldet wurde und zwischenzeitlich als Kamelberg bekannt ist.
Einige der Gestalten sind inzwischen im Kreislauf der Natur verschwunden. Das Kamel mit Reiter ist grau und hager geworden und der Wald entsteht nach der Zerstörung in einer erstaunlichen Vielfalt neu.
Das Motto meiner ersten Krippe war „die Vergänglichkeit“. Noch über Jahre hinweg ist das immer noch auf dem Kamelberg erlebbar. Für mich manchmal wunderschön, manchmal aber auch ein bisschen schmerzhaft.
Nach 2002 und 2004 gibt es zum dritten Mal Weihnachten 2006 eine Krippe auf dem Pfeiferberg unter dem Motto „Begegnung“.
Die Maria und das Kind sind noch die Alten. Der Josef war nicht mehr gut genug, wurde deshalb ausgetauscht und dient nur noch als Fundament für das Podest von Musiker und Diakon. „Begegnung“ nicht nur weil sich dort viele Menschen wieder oder neu begegnen, es ist eine Begegnung mit der Natur, mit Wind und Wetter, mit Hängebauchschweinen, Esel und mit neuen Skulpturen.
Skulpturen, die sich am Feuer und an der Krippe zu treffen scheinen. Skulpturen, die nicht so krippentypisch sind und zum Nachdenken anregen sollen.
Mit Gestalten, die bereits während der Entstehungszeit schon zum Problem wurden.
Was soll der geflügelte, nachdenkliche Teufel, der mit dem Schwanz die Sterne wegschlägt? Und ihm gegenüber, vom Feuer getrennt ein Engel, der sich auf ein Schwert stützt? Und dann noch ein so unheiliges Tier wie das Nashorn, das die Heiligen Drei Könige zur Krippe trägt?! Passt das zu einer Krippe, zu Weihnachten und unserer heilen Welt?
Zwei Wochen „Begegnung“ mit ein paar tausend Besuchern waren für mich ein schönes Erlebnis. Der verstoßene Engel hatte viele Freunde gefunden und unter manchen Christbaum kam ein Nashorn.
Wenn die Tanne vorne in der Kurve nicht morsch geworden wäre, gäbe es keinen Engel und wenn der Tulpenbaum in einem Garten nicht zu groß geworden wäre, gäbe es keinen Teufel – und zum Nashorn gibt es eine andere Geschichte….
Alles Zufall ?…und draußen heult der Wind
thomas rees 08.01.2007