„der Knabe im Moor“
– vom Geigemann und Gräberknecht
Hinterzarten, Schwarzwald, Hochmoor
Voraussichtlich ab Juli 2023 im Hochmoor Hinterzarten!!!
Inspiration zur Entstehung der Skulptur ist die Ballade „der Knabe im Moor“ aus dem Jahr 1842 von Anette von Droste Hülshoff.


Der Knabe im Moor
schaurig ist’s übers Moor zu gehn, Wenn es wimmelt vom Heiderauche, Sich wie Phantome die Dünste drehn Und die Ranke häkelt am Strauche, Unter jedem Tritte ein Quellchen springt, Wenn aus der Spalte es zischt und singt! – O schaurig ist’s übers Moor zu gehn, Wenn das Röhricht knistert im Hauche!
Fest hält die Fibel das zitternde Kind – Und rennt, als ob man es jage; Hohl über die Fläche sauset der Wind – Was raschelt drüben am Hage? Das ist der gespenstische Gräberknecht, Der dem Meister die besten Torfe verzecht; Hu, hu, es bricht wie ein irres Rind! Hinducket das Knäblein zage.
Vom Ufer starret Gestumpf hervor, Unheimlich nicket die Föhre, Der Knabe rennt, gespannt das Ohr, Durch Riesenhalme wie Speere; Und wie es rieselt und knittert darin! Das ist die unselige Spinnerin, Das ist die gebannte Spinnenlenor’, Die den Haspel dreht im Geröhre!
Voran, voran! Nur immer im Lauf, Voran, als woll es ihn holen! Vor seinem Fuße brodelt es auf, Es pfeift ihm unter den Sohlen, Wie eine gespenstige Melodei; Das ist der Geigemann ungetreu, Das ist der diebische Fiedler Knauf, Der den Hochzeitheller gestohlen!
Da birst das Moor, ein Seufzer geht – Hervor aus der klaffenden Höhle; Weh, weh, da ruft die verdammte Margret: „Ho, ho, meine arme Seele!“ Der Knabe springt wie ein wundes Reh; Wär nicht Schutzengel in seiner Näh, Seine bleichenden Knöchelchen fände spät – Ein Gräber im Moorgeschwele.
Da mählich gründet der Boden sich, Und drüben, neben der Weide, Die Lampe flimmert so heimatlich, Der Knabe steht an der Scheide. Tief atmet er auf, zum Moor zurück Noch immer wirft er den scheuen Blick: Ja, im Geröhre war’s fürchterlich, O schaurig war’s in der Heide.
Ballade von Annette von Droste-Hülshoff (aus dem Jahr 1842)
Bilder von der Entstehung, Januar 2023
Der Knabe im Moor 2.0
Nach Annette von Droste-Hülshoff
von Klaus Gülker
Echt? „Schaurig ist’s, übers Moor zu gehn, Wenn es wimmelt vom Heiderauche? Sich wie Phantome die Dünste drehn – Und die Ranke häkelt am Strauche“?
Ein Bub, ganz flott auf dem Schulweg durchs Moor, lässt sich von so was nicht stören. Er hat via Bluetooth Musik auf dem Ohr, Da ist halt nichts andres zu hören.
Vom Ufer starrt zwar Gestumpf hervor, und unheimlich nicken die Föhren. Der Knabe aber hat Rap nur im Ohr, da kann ihn kein Moosmännle stören.
Vergebens lockt ihn, er merkt es ja nicht, das Moos-Annele unter den Brücken, was nicht gegen Anneles Reize spricht: Sonst konnt‘ sie noch jeden berücken.
Adnobe, die Göttin, ist nicht amüsiert. Es grummeln die Geister im Moose. Der Bube indessen kickt ungeniert ins Moor eine leere Bierdose.
Fast birst das Moor, ein Seufzer geht Hervor aus der klaffenden Höhle. Weh, ruft die Elfe, die nebendran steht: Macht Schluss jetzt mit diesem Krakeele!
Drum schalten die Geister, es wird doch zu bunt, dem Knaben die Ohrstöpsel aus. Jetzt hört er sie, hört, was sie raunen, und Ihn packt voller Zittern der Graus.
Schon springt er fast wie ein Irrwisch durchs Moor, hier kann ihn jetzt gar nichts mehr halten – Er rennt auf das Dorf zu, und ihm kommt es vor, als folgten ihm Geistergestalten.
Nur mählich gründet der Boden sich. Dort drüben, hinter den Gleisen, ist es dann nicht mehr so fürchterlich? Das wird sich als richtig erweisen.
Nicht weit mehr zur Schule. Zum Moor zurück wirft aber er noch einmal scheu den Blick…
Ach lass‘ dich davon nicht verdrießen. Die Geister des Moores: Sie grüßen!
Skulptur 1 „die Moosmännle“ – und die Kraft der blauen Beeren
Skulptur 2 „die Abnoba“ – von Mons Abnoba, dem Schwarzwald und der Göttin
Skulptur 3 „der Faun“ – von einem Naturgott und der Sprunghaftigkeit
Skulptur 4 „das Moos-Annele“ – die Femme fatale und das Moor
Skulptur 6 „der Knabe im Moor“ – vom Geigemann und Gräberknecht
Skulptur 5 „der Nebulon“ – aus einer verzauberten Welt