Drachenskulptur von Thomas Rees im Sternwald
Wer zukünftig im Sternwald unterwegs ist, könnte auf eine klauenbewehrte, züngelnde Kreatur treffen, deren Zweck jedoch nicht im Erschrecken von Wanderern und Joggern besteht: Der etwa sieben Meter lange und zwei Tonnen schwere Holzdrache, der am Donnerstag Abend enthüllt wurde, bewacht nur sein Nest, Angriffe auf harmlose Sporttreibende sind nicht zu befürchten. Schon seit mehreren Jahren bevölkern Phantasiewesen den Sternwald. Ende 2002 hatten die Kinder des Turnseehorts im Stadtteil Wiehre einen kleinen Pfad am Franzosenweg in einen „Kinderkunstpfad“ verwandelt, hatten ein Drachennest samt Dracheneiern und eine Zwergenhöhle angelegt. Doch die Fantasiewelt war sehr realer Zerstörungswut ausgesetzt: Immer wieder wurden die Kunstwerke von Bösewichten auseinander genommen. Der Drache soll nun, so hofft Hortleiterin Ute Middelstorb, symbolisch den Pfad beschützen. Erschaffen wurde das bislang namenlose Ungetüm vom Holzkünstler Thomas Rees aus Kappel. Die Idee dazu kam jedoch vom Kinderhort. Das Drachennest hatte man ja schon vor Jahren angelegt – da musste doch inzwischen etwas geschlüpft sein. Befreit wurde der Lindwurm jedoch nicht aus einem Ei, sondern aus einer Eiche, die an der Straßenbahnhaltestelle Wonnhalde gefunden wurde. Der etwa 200 Jahre alte Baum war von alleine umgefallen, musste nur noch an den Ort der Bestimmung gebracht und per Kettensäge bearbeitet werden. Das erste und einzige Opfer des Fabelwesens wäre allerdings beinahe die Freiburger Straßenbahn geworden. Zum Glück wurde noch rechtzeitig bemerkt, dass der Schwanz des zukünftigen Drachen beim Transport die Oberleitungen gekappt hätte – er musste amputiert und später wieder angefügt werden.
Bei der feierlichen Enthüllung verfolgten etwa 45 Kinder des Horts gespannt, wie der Lindwurm von seiner Plastikhaut befreit wurde. Vorher hatten sie Äste und Gestrüpp zusammengetragen und im Wald nach Schätzen für den Drachen gesucht, um diesem ein angemessenes Nest zu bereiten. Nachdem auch der spitzzahnige Kopf enthüllt war, wurde angemessen angestoßen: mit „Drachenblut“. Wobei es Drachenblut für Kinder und für Erwachsene gibt – letzteres mit Alkohol. Könnte darin ein Hinweis auf das Geheimnis des Feueratems liegen? Da jeder Drache einen Namen braucht werden im Moment die Vorschläge der Kinder gesammelt. Dann wird abgestimmt, und in einigen Wochen soll das hölzerne Ungetüm stolz seinen neuen Namen tragen.
BZ vom 29.10.2005