die Bundschuh-Eiche in Freiburg-Lehen
von Gottes Ordnung, Pfründefressern und verbotenen Gedanken –
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Zum Gedenken an den Bundschuh Aufstand und Joß Fritz entsteht eine Skulptur aus einer mächtigen Eiche. Sie beschreibt eine Zeit extremer Gegensätze, eine Zeit des Aufbruchs und den langen Weg aus dem auslaufenden Mittelalter in das Europa des 21. Jahrhunderts. Für die über 6 Meter hohe und 4 Tonnen schwere Skulptur wird vor der Bundschuhhalle in Freiburg-Lehen ein Platz geschaffen. Anfang Juni 2013 findet die Einweihungsfeier statt. tr, April 2013
„Der Bundschuh-Aufstand ist Lehens wichtigster Moment in der Geschichte. Seit über 50 Jahren beschäftigen wir uns intensiv mit dem Thema. Die Grundschule, Mehrzweck-Halle, Plätze und Straßen in Lehen sind nach dem Bundschuh und seinen Protagonisten benannt. Vieles was die Aufständischen 1513 forderten, bildet die Basis des Deutschen Grundgesetzes. Daher ist es uns ein besonderes Anliegen, die Ereignisse vor 500 Jahren hier in Lehen gebührend zu würdigen.“
Bernhard Schätzle
Ortsvorsteher von Lehen
hier ein Link zu: Der Bundschuh zu Lehen e.V. http://www.bundschuh-zu-lehen.de/
erste Entwürfe / Gedanken im Dezember 2012
zu der Eiche: Ihr Standort war ganz in der Nähe des Versammlungsortes der „Bundschuhler“. Ihr Alter ist etwa 180 Jahre. Ihr Durchmesser ist oben 125cm , unten etwa 85cm (sie steht um die Dynamik der Ereignisse besser darzustellen zu können jetzt auf dem Kopf), die Höhe beträgt ohne Sockel und Dach 6 m. Unbearbeitet lag das Gewicht bei 5 Tonnen. Bearbeitet und trocken werden es etwa 3,5 Tonnen sein. Die Eiche wurde gefällt, da sie vom Blitz getroffen wurde und lag bereits mehrere Jahre im Wald, bevor sie im Dezember 2012 für ihre neue Bestimmung ausgewählt wurde.
am 8.März 2013 in Freiburg-Lehen
Die Enstehung der Bundschuh-Eiche Bilder März/April 2013
Zur Bearbeitung steht ein mehrstöckiges Gerüst um die Eiche. Deswegen sind noch viele Bilder von Streben, Stützen usw zerschnitten –
1) die Zeit um 1500…:
Europa im auslaufenden Mittelalter – Beginn der Renaissance – ein von kriegerischen Auseinandersetzungen und dem schwarzen Tod geläuterter und geprägter Kontinent. Doch Veränderungen bahnen sich an, die Welt befindet sich im Umbruch.
Es bricht eine neue Zeit an, eine Zeit der Erkenntnisse und Entdeckungen, der Künste und Wissenschaften, der politischen Umwälzungen.
Kolumbus „entdeckt“ Amerika und legt so den Grundstein für Globalisierung und Welthandel. Michelangelo erweckt in der sixtinischen Kapelle die biblischen Geschichten zum Leben und das Universalgenie Leonardo da Vinci verbindet in seinen Zeichnungen Kunst mit Wissenschaft. Gutenbergs Buchdruck ermöglicht die weite Verbreitung von Schriften. Kopernikus und später Galilei heben das damalige Weltbild aus den Angeln – mit weitreichenden Konsequenzen….
Das gemeine Volk ist fest verankert in tiefer Frömmigkeit und Gottesfurcht – eine Furcht, die durch Drohung von Höllenfeuer und ewiger Verdammnis geschürt wird. Mit dieser Angst lassen sich gute Geschäfte machen – der Ablasshandel blüht und bringt Geld in die Kassen der Kirche. Der hohe Klerus dagegen kümmerte sich weniger um das jenseitige Seelenheil sondern war eher auf das weltliche Glück ausgerichtet und vielmehr damit beschäftigt, seine eigenen Pfründe zu sichern und ein feudales Leben zu führen. Doch nicht nur für den Klerus, sondern auch für die weltlichen Herrscher, der Adel, war die christliche Tugend der Mäßigung eher für das einfache Volk gedacht, dem sie Knechtschaft, Abgaben und Frondienste aufbürdeten und so ihr ausschweifendes Leben finanzierten.
Vielen Herren zu dienen war eine Last, die eine permanente Existenzbedrohung darstellte und schon gar keinen Raum für weitere Entwicklung oder gar freie Entscheidungen ließ.
Der von oben aufgebürdete Daseinskampf führte zu Unmut und der Ruf nach Gerechtigkeit baute Spannungen auf, die sich zwangsläufig zu entladen suchten.
Ein Murren ging durchs Land –….!
thomas rees, im Mai 2013
2) die Skulptur/ Beschreibung:
die Bundschuh-Eiche in Freiburg-Lehen
– von Gottes Ordnung, Pfründefressern und verbotenen Gedanken
Der zentrale Punkt der Skulptur ist das Kreuz mit dem 3 Meter hohen Christus.
Jesus ist ans Kreuz genagelt, wirkt macht- und hilflos. Auf dem Querbalken des Kreuzes, übermächtig nach vorne geneigt, sitzen zwei Gestalten, die für die beiden Obrigkeiten, Adel und Klerus, stehen.
Links auf dem Balken sitzt der Adel. Er hält einen Kelch in der einen Hand, in der anderen einen Bauern im Würgegriff über diesen und presst ihn aus. Der Bauer ist wehrlos, er liegt ohnmächtig wie eine Puppe in der Hand und ist jeglicher Willkür machtlos ausgeliefert. Auf dem Balken rechts sitzt der Klerus. Er hebt drohend den Zeigefinger, beschwört Bilder von Höllenqualen und Verdammnis, in die die Gläubigen gestoßen werden, sollten sie sich widersetzten. Seine andere Hand ist aufgehalten – sie fordert die Pfründe und Zahlung für das Seelenheil.
Das 1-Euro-Stück spannt einen Bogen zu der Maßlosigkeit des 21. Jahrhunderts -.
Das Ungleichgewicht zwischen ihrer über alles erhabene Position und der machtlosen Lage der Bauern begründen Adel und Klerus als eine „von Gott gewollte Ordnung“ und legitimieren so ihr Verhalten. Optisch verstärkt wird die Übermacht der Obrigkeit durch den nach vorne gekrümmten und auf dem Kopf stehenden Baum.
Allerdings erheben sich die beiden über die Lehren des gekreuzigten Jesus Christus, der Nächstenliebe, Barmherzigkeit und die Gleichheit aller Menschen vor Gott forderte. Ein untragbarer Widerspruch.
Am Fuß des Kreuzes scharen sich mehrere Figuren um ein aufgeschlagenes Buch. Sie haben Zweifel an der bestehenden Ordnung, machen sich ihre eigenen Gedanken zur Auslegung und Botschaft der heiligen Schrift – verbotene, ketzerische Gedanken!
Ein Spiegel der Ereignisse jener Zeit: Michelangelo (Petersdom), Kolumbus (Santa Maria…), Kopernikus/ Galilei (Gelehrte), Da Vinci (der vitruvianische Mensch), Gutenberg (Buchdruck)
Das heliozentrische Weltbild. Die Planeten und auch die Erde(!) kreisen um die Sonne- eine damals furchteinflößende Vorstellung.
Oben rechts:
Im Zentrum der Spirale befindet sich eine Öffnung. Sie ist der Eingang in eine natürliche Röhre, die den ganzen Baum bis nach unten durchzieht. Im Sog der Spiralarme befinden sich kleine Gestalten. Daneben der drohende Zeigefinger. Weltuntergangsszenario; eine Urangst der Menschen.
Das Ammonshorn: In den 65 Millionen Jahre alten Gesteinsschichten des „Lehener Bergles“ sind Ammoniten zu finden. Die „Ammonshörner“ gaben der Narrenzunft in Lehen ihren Namen.
Ratte und Pestarzt stehen für die größte Plage des Mittelalters: den „schwarzen Tod“. Die Schnabelmaske wurde mit Kräutern gefüllt. Durch kleine Öffnungen an der Spitze wurde die Luft durch die Maske geatmet. Hiermit sollte der Pesthauch des Todes ausgefiltert werden -. Der Stock diente dazu, sich die Kranken vom Leib zu halten.
Rückseite
Der Teufel lässt den Bundschuh an seinen Fingern baumeln. Als „des Teufels Werk“, so wurde die Bundschuh-Verschwörung von der Obrigkeit bezeichnet.
Der Rosenkranz steht für die ausgeprägte Frömmigkeit und Gottesfurcht in der damaligen Zeit.
Der Bundschuh ist ein einfacher Lederschuh der im späten Mittelalter vor allem von der Landbevölkerung getragen wurde. Mit langen Lederbändern wurde er geschnürt. Der Bundschuh diente als Symbol der Bauern bei Verschwörungen und Aufständen.
Die Keimzelle des Widerstands: Joß Fritz ließ sich von Pfarrer Schwartz bestätigen, dass die Forderungen in Einklang mit der heiligen Schrift standen. Somit waren auch seine Verbündeten von der gerechten Sache überzeugt. Im Mittelalter galt der Rabe als Galgenvogel. Hier steht er als Vorbote für das, was viele der „Bundschuhler“ erwartete.
Die Bauern versammeln sich im Jahr 1513 auf der Hartmatte. Sie haben die Hände zum Schwur auf den Bundschuh erhoben. Die Versammlung gruppiert sich um Joß Fritz, den Anführer der Bewegung. Darüber weht die Fahne des Bundschuhs.
Hinter der Gruppe und Fahne züngelt das „verborgene Feuer der Revolution“ (nach Thomas Adam), nach oben, erreicht von der Rückseite die beiden auf dem Kreuzbalken sitzenden Gestalten und nagt an der bestehenden Ordnung.
Über der Fahne:
Der Henker mit Schwert : viele der Bundschuhanhänger von der Hartmatte mussten ihre Gesinnung mit dem Tod bezahlen
In Deutschland gibt es das Grundgesetz basierend auf den Menschenrechten – Gesetze und Rechte von denen man 1513 nur träumen konnte. Aber es war ein schwerer Weg bis zum Europa von 2013 – dazwischen liegen Revolutionen, Kriege, Tod und Elend. Symbolisch dafür stehen die vier Apokalyptischen Reiter, die neben der schemenhaft dargestellten Stadt zwischen den Flammen dargestellt sind.
Der Baum selbst ist ein Stück weit Zeitzeuge dieses Geschehens. In seinem Inneren waren /sind Bombensplitter aus dem 2.Weltkrieg. Die Bombenflugzeuge rechts oben
erinnern daran.
12 Sterne, im Kreis angeordnet. Sie stehen für das verbundene, vernetzte Europa 2013. Im Innenkreis, als römische Zahlen, die Jahresdaten 1513 und 2013
thomas rees, Freiburg, im Mai 2013
Die Bundschuh-Eiche an ihrem endgültigen Platz – zuerst noch mit Spanngurten festgezurrt – bis das Betonfundament ausgehärtet war. 23. Mai 2013/ 07. Juni 2013
5. Juni 2013 – die Einweihungsfeier
Thomas Rees von Kappel erstellt eine „Bundschuh-Eiche“ in FR-Lehen
Erinnerungen an den Bauernaufstand von 1513 in unserm Raum.
Autor: Hermann Althaus
Vor wenigen Tagen feierte man in Freiburg-Lehen die Erinnerung an den Bauernaufstand von 1513, als die Männer um Joß Fritz im Zeichen des „Bundschuhs“ zum Kampf um Gerechtigkeit gegen Adel und Geistlichkeit aufriefen. Der bekannte Kappler Holzbildhauer Thomas Rees, der mit seinen Arbeiten auch im Dreisamtal“ einen guten Namen hat (Anna Kapelle, Alter Säger, Kamelweg, Waldmensch u.v.m.) fertigte zur Erinnerung an dieses historische Ereignis in Lehen aus einer 6m hohen bereits gefällten Eiche eine mächtige Skulptur, die mit ihren Symbolen, Figuren und Motiven an die Umbruchzeit vor 5oo Jahren erinnert. Zahlreiche Mitglieder des neuen Bundschuhvereins, viele Lehener Bürger, aber auch Freunde des Künstlers aus dem Tal nahmen an der Enthüllung der Bundschuh-Eiche teil.
Thomas Rees hat sich bei seinen historischen Vorarbeiten intensiv mit den Zeitumständen des ausgehenden Mittelalters und der beginnenden Renaissance beschäftigt, um sie in seiner Bundschuhsäule nachhaltig zum Ausdruck zu bringen. Die Darstellung des sozialen und religiösen Lebens der Zeit vor 5oo Jahren trägt daher den Untertitel „Von Pfründefressern und verbotenen Gedanken“.
Unübersehbarer Mittelpunkt des gesamten Themas bleibt allerdings der an der bestehenden ungerechten Situation und dem Widerspruch zu seiner Lehre leidende Christus, denn auf dessen Kreuzbalken sitzen rechts und links Adel und Geistlichkeit, die mit ihren Forderungen nach Abgaben oder den Drohungen mit der Hölle die Bauern zu erwürgen drohen. Rees spielt mit seinen Motiven im Rundgang um die Säule auf die Angst der Bauern vor der schwarzen Pest und den täglichen Kampf ums Überleben an und trifft damit eine reale Beschreibung der damaligen Wirklichkeit.
Aber auch Gelehrte mit Büchern hat Thomas Rees dargestellt, Philosophen, Künstler und Naturwissenschaftler, (Kolumbus, da Vinci, Michelangelo, Gutenberg, Kopernikus und Galileo)) die symbolisch an der alten „gottgewollten Ordnung“ zweifeln, sie in Frage stellen, gegen das alte Weltbild revoltieren und eine neue Zeit anzukündigen scheinen. Zahlreiche Szenen und Motive weisen immer wieder auf diese Umbruchzeit zum 16. Jahrhundert hin:
Joß Fritz und seine Bundschuhmannen drohen unmissverständlich der Obrigkeit mit zum Schwur erhobener Faust und fordern Gerechtigkeit für den verarmten „dritten Stand“. Thomas Rees hat die Verschwörung und ihre Sympathisanten in Zusammenhang mit dem Satan gebracht, denn als „Teufelswerk“ charakterisierte die Freiburger Obrigkeit das Aufbegehren des „Bundschuhs“ und seine Forderung nach Gerechtigkeit, Aufhebung der Fronarbeit und anderer Verteilung der Lasten.
Der Bauernaufstand in Lehen (auch im weiteren Umkreis unseres Tales und in vielen Teilen Deutschlands) wurde 1513 niedergeschlagen, die Aufrührer bezahlten ihr Aufbegehren mit dem Leben. Dennoch halfen sie- wenn auch in beschiedener Weise- mit, das Tor zu einer neuen Gesellschaftsordnung in Europa aufzustoßen. Viele ihrer Forderungen fanden später Aufnahme sogar in unser heutiges Grundgesetz. Daran wollte Thomas Rees erinnern und hat deswegen auch die 12 Sterne, die ein neues Europa (und das Christentum/Maria) verkörpern, in seine Bundschuhskulptur mit aufgenommen.
Die Enthüllung der mächtigen alten Eichensäule nahm Lehens Ortsvorsteher Berhard Schätzle zusammen mit dem Künstler und der Freiburger Bildungsbürgermeisterin Gerda Stuchlik vor. Sie luden auch zu einer kleinen Wanderung auf einem neuen aus 14 Stationen bestehenden „Bundschuhpfad“ am Lehener-Bergle ein, auf dem die Ereignisse von 1513 in chronologischer Reihenfolge dargestellt und erklärt werden.
(erschienen im „Dreisamtäler“ am 26.Juni 2013)
Zur Erinnerung an den Bauernaufstand sind in Lehen Bundschuheiche und -pfad eingeweiht worden.
Autor: Harald Albiker 6.Juni.2013 in der Badischen Zeitung
das Mittelalterfest in Freiburg-Lehen, 14.-16.Juni 2013
An der Bundschuheiche im Dezember 2013
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das Dach der Bundschuheiche, 21.März 2014
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